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11. Antikenstudien entstanden als Auftragsarbeiten

Zumindest die Antikenstudien im Codex Destailleur D entstanden vermutlich im Auftrag anderer Personen und nicht auf Eigeninitiative der Zeichner.

These

Der Codex Destailleur D entstand vermutlich nicht aus einem eigenen Interesse der Zeichner an antiken und zeitgenössischen Bauten, sondern aufgrund eines Auftrags.

Begründung

Der Aufwand zur Erstellung der Zeichnungen in der vorliegenden Qualität, besonders bei der Vermessungen der antiken Grossbauten, lässt sich kaum auf die Initiative eines Einzelnen zurückführen, der noch dazu — wenn die Identifizierung des Anonymus Destailleur mit 'Guielmo francioso' zutrifft — eher als Zuarbeiter denn als selbständig agierender Handwerker oder gar Architekt zu charakterisieren ist. Schon der zeitliche und organisatorische sowie finanzielle Aufwand für eine derartige Vermessungsaktion lassen dies unwahrscheinlich erscheinen. Eher ist in ihm jemand zu sehen, der teilweise alleine oder aber — häufiger — eventuell als Leiter eines kleinen Vermessungstrupps mit der Ausführung der Zeichnungen beauftragt wurde. So setzen die Zeichnungen zweifellos methodische Überlegungen voraus, die einem Zimmermann in der Mitte des 16. Jahrhunderts wohl nicht ohne Weiteres zuzutrauen sein dürften. 

Des weiteren deuten auf einen Auftraggeber einige seiner Notizen und Kommentare in den Zeichnungen hin, die sich in z.T. rechtfertigendem oder aber erläuterndem Ton an eine — anscheinend sozial höher stehende — Auftraggeberpersönlichkeit zu wenden scheinen. Hierbei kann es sich kaum um Antonio da Sangallo d.J. selbst handeln, da weder dessen in den Florentiner Uffizien erhaltene Zeichnungen für die Anfertigung der Antiken- und der St.-Peter-Blätter herangezogen wurden, noch sich in ihnen umgekehrt Spuren und Hinweise auf die Auswertung der Zeichnungen des Codex Destailleur D finden. 

Sowohl die Verwendung des französischen Fussmasses als insbesondere auch der französischen Sprache deuten dagegen auf einen französisch(sprachig)en Auftraggeber hin. In dem genannten Zeitraum erscheint in Rom für diese Funktion Guillaume Philandrier als besonders prädestiniert: Nicht nur war er über seine Beteiligung an der Accademia della Virtù oder Vitruviana an Antiken vermutlich stark interessiert, sondern er könnte auch den Kontakt zu Sangallo bzw. seiner Werkstatt vermittelt haben, was dem Anonymus die Herstellung der St.-Peter-Zeichnungen erst ermöglichte. Auf diesem Wege liesse sich auch eine methodische Unterweisung des Anonymus vermuten, die ihren Niederschlag in einer Ausführung der Antiken- wie der St.-Peter-Zeichnungen gefunden hat, welche weitestgehend den damals modernsten, auf Sangallo sowie Raffael und Peruzzi zurückgehenden Überlegungen entsprach.

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