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recto: Teilgrundriss

Grundriss eines halben Kreuzarms

 




[leer]



[77.1.1.1] [77.1.1.2] [77.1.1.3]



[77.1.1.4/5]



Vorbemerkung Die Zeichnung stellt vermutlich die Reinzeichnung einer Bauaufnahme des Grundrisses eines dementsprechend schon teilweise aufgeführten Umgangs, ergänzt um Planungen für die Gliederung der umzugestaltenden Bereiche in der Nähe der Apsis dar. Bei dem dargestellten Bereich handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit umd den Südkreuzarm ; es würde sich hier somit um dessen östliche Hälfte handeln, die auch in diversen Zeichnungen von der Hand Sangallos dargestellt ist.2 Mit der Wiedergabe dieses Bereichs erhielt der Zeichner zudem aus Symmetriegründen eine Vorlage für die noch zu realisierenden westlichen und nördlichen Kreuzarme im Projekt Sangallos, und zwar in der Gestalt, die diese nach dem Abriss des Bramante-Chors haben sollten. Auf den Ostarm ließe sich die Zeichnung nur mit erheblichen Einschränkungen übertragen, da gerade die hier detailliert wiedergegebene Grundrisssituation des Umgangsbereiches dort aufgrund der Anbindung des Verbindungstraktes eine andere sein musste. Bedauerlich ist, dass der Zeichner bei aller Gründlichkeit keine Angaben zum Anschluss des Hauptbaus an den Umgang macht bzw. machen konnte, da über diesen keine vergleichbar gründlichen Angaben vorliegen.

Aufgrund der Abweichungen gegenüber der Modellausführung und den erhaltenen Sangallo-Zeichnungen der Uffizien kommt dem Blatt – trotz einiger Probleme bei seiner Interpretation – eine wichtige Rolle im Verständnis nicht nur des Planungsgeschehens unter Sangallo allgemein, sondern besonders hinsichtlich seines Umgangs mit der schon vorhandenen Bausubstanz zu.

77.1.1 Kreuzarm und Kuppelpfeiler: Grundriss

POSITIONuntere zwei Drittel des Blattes in dessen gesamter Breite
TECHNIKnur selten freihändige Feder in Braun, meist über Vorritzungen; Lineal, Zirkel
HAND: AD
SCHREIBWEISEN DER MASSANGABEN:

p 9 – o 11  · 7 ·
Diese Schreibweise tritt besonders im Bereich des Umgangs auf, so z. B. an dessen Außenseite. Als größte Ziffer zwischen den zwei Punkten der letzten Maßzahl – d. h. hier offensichtlich: als Angabe für die minuti – erscheint in der Rechtecknische an der äußeren Innenwand des Umgangs sowie in der ihr schräg gegenüber liegenden ersten Halbrundnische die Ziffer „7“. — Falls diese Angaben nicht auf Flüchtigkeitsfehler des Zeichners zurück zu führen sind, kann es sich bei diesem Maßwert also kaum um die gängigen minuti handeln, wie sie als kleinstes Teilmaß für den palmo romano üblich waren, da deren Höchstzahl auf 6 minuti = 1 oncia beschränkt war. Demnach hätte der Zeichner für seine Vermessung hier eine genauere, aber auch ungwöhnliche Unterteilung der oncia in 12 Teile benutzt. Dass diese Abweichung in der Schreibweise in dem Bereich sicherlich schon vorhandener Bausubstanz liegt, schließt die Erklärungsmöglichkeit aus, hier handele es sich um Fehler in der Berechnung von geplanten Details.
p 2 – o 3 – ø 4
Diese Schreibweise erscheint an der dem Umgangseingang zugewandten Kuppelpfeilerflanke. Das Kürzel für ihre kleinste Untergliederung (ø) entspricht derjenigen des französischen Fußmaßes, das der Anonymus und seine Mitarbeiter sonst in den Antikenstudien benutzen. Seine Anwendung hier dürfte nicht bedeuten, dass der Zeichner in ein und derselben Zeichnung zwischen diesen beiden Maßsystemen wechselt, sondern dass er sich hier der ihm vertrauten Schreibweise – möglicherweise irrtümlich oder aus Flüchtigkeit – bedient, damit aber weiterhin den palmo romano meint. Keinesfalls lässt das Auftreten dieser Schreibweise zusammen mit der zuvor genannten ungewöhnlichen Teilung der oncia hier jedoch den Schluss zu, der Zeichner habe die gesamte Vermessung in französischen Fuß notiert, denn die Maßangaben lassen sich insgesamt nur als solche in palmi romani sinnvoll interpretieren: So entspricht z. B. die Schaftbreite der Pilaster der großen Innenordnung mit „p 12 – o2“ recht genau dem zu erwartenden Maßwert.3
p 23 [...] ø 9
Diese Schreibweise erscheint mit diesem Wert nur innerhalb der rückseitigen Ädikula des Kuppelpfeilers für die eingetiefte Wandfläche an der mit dieser geschlossenen ehemaligen 40–palmi–Nische, welche dem Eingang zum Umgang gegenüber liegt. Sie ist aber vermutlich nur als Variante zur eben erwähnten zweiten Form der Maßangabe zu sehen. Allerdings spricht der ‘minuti’-Wert „9“ hier dafür, dass der Zeichner tatsächlich in Anlehnung an den französischen Fuß eine Unterteilung der oncia in 12 anstelle der üblichen 6 Teilwerte unternahm. Es ist zwar denkbar aber wenig wahrscheinlich, dass dieser Wert hier eigentlich als „p 23 – o 1 – ø 3“ zu interpretieren wäre. Klarheit könnte hier nur eine genaue Vermessung vor Ort und ein Vergleich des Ergebnisses mit den möglichen Interpretationen dieser Maßangabe erbringen.

NUMERIERUNG / POSITION13“ / am unteren Blattrand, rechts vom mittleren Falz, 180°
MASSSTABungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: ca. 1 : 150

 

 








Beispielwerte palmi oncie mm Maßstab














Abstand: Kuppelpfeiler und Konterpfeiler 59 2 = 87 1 : 152







Breite der Konterpfeilerflanke 78 [—] = 128 1 : 136







Breite der östlichen Kuppelpfeilerflanke 81 [—] = 117 1 : 155







lichte Weite des Konterpfeilerdurchgangs 23 7 = 34 1 : 155







 

Dass der Zeichner keine tatsächliche Maßstäblichkeit in der Darstellung erreicht, wird besonders an den zu großen Differenzen der Säulendurchmesser für die Ädikulen in der Apsis (5 palmi) und an den Säulen der Umgangs-Dorica (7 palmi 8 oncie 2 minuti) augenfällig.

Kommentar zur Zeichentechnik: Die Zeichentechnik unterscheidet sich von den sonstigen Aufnahmen des Anonymus Destailleur in auffälliger Weise durch eine größere Nähe zu dem eher unter Architekten gebräuchlichen Verfahren der Arbeit mit Vorritzungen, die der Anonymus ansonsten praktisch nicht verwendet4. Dies bedarf also einer Erklärung: Sie könnte so z. B. als Indiz dafür gesehen werden, dass der Zeichner zum Zeitpunkt der Arbeit an diesem Blatt eine etwas größere Nähe zum Baugeschehen und damit zum Sangallo-Umkreis und dessen Arbeitsmethoden hatte. Jedoch wäre gegen diese Annahme vor allem anzuführen, dass der Zeichner diese Technik ansonsten nicht verwendet, woraus sich einander widersprechende relative Datierungen ableiten lassen: Zum einen könnte der Zeichner am Anfang seines Aufenthalts und noch vor Beginn der Antikenvermessungen mit dieser Methode in Kontakt gekommen, sie für sich aber aus einem noch unbekannten Grund nicht übernommen haben; zum anderen könnte das Blatt als eines der letzten entstanden und damit ein Beleg dafür sein, dass der Zeichner diese Technik zu spät kennen gelernt haben dürfte, um sie für die Antikenstudien noch zu verwenden. Gegen die letztere Annahme spricht vor allem der Umstand, dass die hier wiedergegebene Gestaltung des Apsisbereichs weder derjenigen des Modells noch einer der anderen späten Planungsstufen entspricht. Demnach ist der ersten Hypothese der Vorzug zu geben: Das Blatt könnte also – wie schon oben erwähnt – sogar schon gegen 1538 im Zuge der Planungen für die notwendigen Umgestaltungen des Umgangs entstanden sein, die sich als Konsequenzen der Fußbodenanhebung ergaben.

Der Umstand, dass der Anonymus Destailleur diese Technik in den dann später einzuordnenden Antiken- wie auch St.-Peter-Zeichnungen nicht weiter verwandte, könnte sich damit erklären lassen, dass ihm die Technik trotz seiner vorerst vielleicht nur zeitweiligen Nähe zu den Architekten der Fabbrica unvertraut blieb und für seine Zwecke auch nicht zwingend erforderlich war: Tatsächlich wäre eine wesentlicher Grund für den Einsatz von Vorritzungen die Absicht, eine weitgehend maßstabs- und damit proportions- wie maßgerechte Darstellung zu erhalten. Genau diese Ziele scheint der Anonymus Destailleur in den meisten seiner Zeichnungen jedoch nicht verfolgt zu haben. Eher deuten seine überwiegend unmaßstäblichen, jedoch mit einer Vielzahl von Maßangaben versehenen Darstellungen darauf hin, dass ihm an deren möglichst vollständiger Erfassung gelegen war, er also auf eine eventuell später anzufertigende, maßstabs- und proportionsgerechte Neufassung vertrauen konnte.

Die sorgfältige Ausführung mit Zirkel und Feder lässt auf eine Vorlage schließen, die der Zeichner kopiert, dann aber mit vielleicht selbst gemessenen Werten ergänzt hat, was aufgrund der ungewöhnlichen Unterteilung der oncia sowie der Tatsache nahe liegt, dass im Sangallo-Umkreis für die hier gemessenen Werte ‘eigentlich’ sicher ganze Zahlen angesetzt wurden. Die Annahme einer solchen selbständigen Vermessung durch den Zeichner könnte außerdem erklären, warum nur einige Teile der Zeichnung überhaupt bemaßt sind, wenn man annimmt, dass die unbemaßten Teile noch nicht errichtet oder ihm zeitweilig aufgrund von Baumaßnahmen noch nicht zugänglich waren.

Da sich die Handschrift eindeutig als die des Anonymus Destailleur bestimmen lässt, ist es jedoch gleichzeitig zumindest ausgeschlossen, dass die Zeichnung auf einen anderen Zeichner zurückgeht und sich daraus die abweichende Technik erklären ließe, zumal die Gleichartigkeit von Tintenfarbe und Feder eine Aufteilung der Blattentstehung auf zwei verschiedene Hände für Zeichnung und Bemaßung nicht zuzulassen scheint. Auch sind die Eigenart der verwendeten Maßwerte und die dabei unterlaufenden Fehler Indizien dafür, dass der Zeichner – zumindest zu diesem Zeitpunkt – kein allzu enger Mitarbeiter an St. Peter und daher mit dem dort verwandten palmo-Maß kaum vertraut war.

Kommentar zum Darstellungsgegenstand: Das Blatt wurde – darauf deuten sowohl die Vorritzungen mit Zirkel und Lineal als auch die ansonsten sehr saubere Ausführung – als Reinzeichnung angelegt und zeigt im Grundriss die vom Kuppelraum aus nach Süden gesehene linke, östliche Hälfte des Südkreuzarmes mit Kuppelpfeiler, Konterpfeiler sowie der Innenstruktur des Umgangs. Der Anschluss der Außenseite des Umgangs an den Hauptbaukörper sowie dessen Außenwand fehlen ebenso, wie Maßangaben im Apsisbereich des Umgangs; lediglich die Ädikulen an der Außenseite sind mit Maßen versehen: Diese waren – wie die erhaltenen zeitgenössischen Darstellung aus dem Heemskerck-Umkreis oder Vasaris Fresken im Palazzo della Cancelleria in Rom und im Palazzo Vecchio in Florenz zeigen – teilweise schon errichtet.

Prinzipiell kommen für den dargestellten Bereich aus Symmetriegründen natürlich drei der vier Kreuzarme in Frage kommen. Falls es sich – wie vermutet – jedoch um eine vor Ort entstandene Vermessung handelt, entfallen der Westarm, wo noch der Bramante-Chor stand, und der Nordarm, der nur in Ansätzen errichtet worden war und möglicherweise selbst zum Zeitpunkt der Einwölbung (nach Sangallos Tod) noch keinen Umgang aufgewiesen haben dürfte. Es bleibt also nur die Vermutung, dass es sich bei dem dargestellten Gebäudeteil um die Osthälfte des Südarms handelt. Dafür spricht ebenso als ein – wenn auch schwaches – Indiz die nur skizzierte Wandgliederung im Eingangsbereich zum Umgang durch den Konterpfeiler. Dass hier (also am Südarm) eine andere, dreiteilige Wandgliederung vorhanden war, die mit einer größeren Tiefe des Konterpfeilers korreliert war, während an den anderen Durchgängen eine schmalere bzw. kürzere Wandgliederung vorgesehen war, wird weiter unten erläutert.

Über die mögliche Vorlage dieses Blattes ließe sich vermuten, dass diese selbst noch nicht vollständig ausgeführt oder zumindest keine Reinzeichnung war, da der Zeichner danach sonst sein Blatt hinsichtlich größerer Maßstabsgenauigkeit hätte einrichten können. Im Prinzip hätte diese Möglichkeit aber auch schon bei einer skizzenhaften, bemaßten Vorlage bestanden. Es ergibt sich also als Schlussfolgerung, dass dem Zeichner eine Grundrissskizze vorlag, die er mit der deutlich erkennbaren Absicht zur symmetrischen und maßstabsgerechte Wiedergabe umsetzte, um in diese dann in einem zweiten Arbeitsschritt die vermutlich selbst gemessenen Maßwerte des Baus einzutragen.

Die von der Mehrzahl der Zeichnungen des Anonymus Destailleur abweichende Schreibweise der Maße und die Verwendung des palmo romano können als Indizien einer Bauaufnahme gedeutet werden, die mit einer anscheinend unvollständigen Kenntnis des St. Peter zugrunde liegenden Maßsystem entstand. Auf eine eigenständige Vermessung dieses Bereichs des Kreuzarms deutet zudem das Fehlen von Durchmesserangaben z. B. für die Säulen der Ädikulen an der Außenseite des Baus sowie an den ehemaligen 40-palmi-Nischen: Möglicherweise waren diese noch nicht aufgestellt oder ihre Umarbeitung beschlossen; und eine Kenntnis über die Wiederverwendung der antiken Säulen und damit deren Maße braucht der Zeichner zu diesem Zeitpunkt (noch) nicht gehabt zu haben. Dasselbe gilt hinsichtlich der Gestaltung der Durchgänge zwischen innerem Kreuzarm und Umgang.

Bei dieser eigenen Vermessung erhielt der Anonymus Destailleur bemerkenswerterweise für die große Innenordnung mehrfach den Wert „p 12 – o 2“: Hieraus ergibt sich die Frage, ob und wann die Schaftbreite der großen Innenordnung vielleicht genau 12 palmi oder aber 12 palmi und 2 oncie betrug. Im Ergebnis einer fotogrammetrischen Vermessung im Jahre 1995 wurde die Breite der Pilaster mit „12,1 p“ angegeben, wobei nicht ganz klar ist, wie die Ziffer hinter dem Komma zu interpretieren ist. Versteht man sie als Dezimalstelle – die allerdings für palmi-Maße nie verwendet wurde! – so läge dieser Wert leicht unter dem in der vorliegenden Zeichnung angegebenen von „p 12 – o 2“, da dies 12 1/6 palmi = 12,133 palmi entspricht; bei einer Interpretation als „p 12 – o 1“ wäre die Abweichung sogar noch größer. Im vorliegenden Falle wäre gerade die geringfügige Abweichung als ein Indiz dafür anzusehen, dass der Zeichner die Vermessung selbst vornahm und – in dem Bestreben, einen möglichst genauen Wert zu erhalten – über die in den sonst für die große Innenordnung angegebenen 12 palmi Grundmaß hinaus ging.

Gegen die vermutete Interpretation der Zeichnung als Reinzeichnung spricht allerdings ihre offensichtliche Fehldisposition: Der Zeichner irrt sich anscheinend deutlich in der Wiedergabebreite der Umgangsaußenwand, was angesichts der genauen Maßangaben aber zumindest verwunderlich ist. Infolgedessen endet die der Kuppelpfeilerrückseite entsprechende Wandgestaltung mit Ädikula, die in der Wandgestaltung des Nebenarms zum Nebeneingang überleiten sollte, seitlich des hier nicht mehr wiedergegebenen Nebeneingangs auf gleicher Höhe mit der dem Hauptbau nächsten Ädikula der Umgangsaußenseite – es bliebe demnach also kein Raum für den Übergang zwischen Umgang und Hauptbau an der Außenfassade. Dies könnte ein Grund für den Abbruch der Zeichnung sein.5

Datierung: Die Zeichnung ist zeitlich vor all jenen Blättern einzuordnen, die den Umgang in der von Sangallo endgültig geplanten oder dieser zumindest näher kommenden Gestalt zeigen. Es sind dies im vorliegenden Codex vor allem die Blätter:
78r: Obergeschossgrundriss, da dieser die Definition des Umgangs voraus setzt (vgl. S. §ff.).
81r: Schnitt durch den Westarm (vgl. S. §ff.), und
83r: Innenaufriss der Umgangsaußenwand (vgl. S. ??ff.)

Als Problem dieser Datierung bleibt allerdings bestehen, dass die Bauaufnahme prinzipiell auch noch viel später angefertigt worden sein könnte, da Sangallo im Bereich des Südarms lange Zeit kaum Veränderungen am schon Bestehenden vorgenommen hatte. Trotzdem wird man als terminus ante quem zumindest die Jahre 1545/46 annehmen dürfen: Zum einen, weil die Einwölbung des Südkreuzarm sicherlich eine abgeschlossene Planung für den Apsisbereich erforderlich machte, die in der Endfassung von dem hier wiedergegebenen Grundriss ja deutlich abweicht; zum anderen, weil die Lösung für diesen Bereich am Modell selbst bei dessen weitgehender Fertigstellung im Jahre 1545 schon vorgelegen haben muss.6

Die hier dokumentierte Schließung der 40-palmi-Nischen lässt zumindest eine Datierung nach der Anhebung des Fußbodens ab dem Jahre 1543 oder aber – vorsichtiger formuliert: – nach dem Beschluss zur Anhebung des Fußbodens zu, der wohl schon 1538 erfolgte. Dabei sprächen für eine Datierung in die Zeit der Fußbodenanhebung die oben genannten Argumente für die Hypothese, dass es sich beim vorliegenden Blatt tatsächlich um eine Bauaufnahme und nicht um die Wiedergabe einer Planungszeichnung handelt. Lediglich aus den zeichentechnischen Besonderheiten des Blattes ließe sich die frühere Datierung – wie oben geschehen – ableiten.

77.1.1.1 Kuppelpfeiler

POSITIONam linken Blattrand, ungefähr mittig

Kommentar: Zwar hat der Zeichner ein Kreissegment des Kuppelgrundkreises neben dem Kuppelpfeiler eingetragen, dieses nähert sich aber in asymmetrischer Weise dem südlichen, geknickten Pilaster an der dem Kuppelinnenraum zugewandten Vorderseite stärker als dem östlichen, so dass es scheint, als sei die Kuppel leicht in Richtung der Südapsis verschoben. Vollständige Gewissheit über diese denkbare Asymmetrie könnte nur eine genaue Vermessung vor Ort oder eine Untersuchung paralleler Zeichnungen erbringen, es scheint sich aber offenbar eher um einen Fehler des Zeichners zu handeln, der vor allem durch das Ansetzen des Zirkels außerhalb des vorliegenden Blattes entstanden sein dürfte, das selbst zudem keine Spuren einer für dieses Verfahren zu erwartenden Befestigung auf einem Reißbrett aufweist.

Es wäre dagegen sicherlich eine Überinterpretation, wollte man aus dieser Asymmetrie auf eine prinzipielle Unsicherheit es Zeichners schließen: Schon das Fehlen einer Maßangabe für den Kuppelradius bzw. -durchmesser deutet darauf hin, dass diese Kreislinie nur als ungefähre Ortsangabe, nicht dagegen als Bestätigung für eine Asymmetrie des Baues steht. Die schwankende Maßstäblichkeit der Zeichnung lässt es jedenfalls auch nicht zu, aus dem Maß für den Radius dieses Kreissegments auf den Stand der Arbeiten an den Kuppelpendentifs Schlussfolgerungen zu ziehen.

An der dem Umgang zugewandten Pfeilerflanke sind die Grundrissmaße einer der (typischen) Ädikulen angegeben, d. h. die Schließung der Nischen und die damit verbundene Anhebung des Fußbodenniveauss waren zu dem Zeitpunkt, als dieses Blatt angelegt wurde, schon beschlossen oder sogar teilweiseumgesetzt. Allerdings fehlen für die mit Zirkel eingetragenen Säulen Durchmesserangaben, während die Zirkeleinstichpunkte klar anzeigen, dass es sich um Dreiviertelsäulen, nicht um Halbsäulen handelt. Da auch die entsprechenden Säulen der anderen Ädikulen keine Durchmesserangaben aufweisen, ensteht hier nur scheinbar ein Manko, denn diese Angabe erfolgt auf Bl. 82r: Die dort angegebene Schaftbreite (= Durchmesser) beträgt 5 palmi.

Die auf den ersten Blick lückenhaften Maßangaben am Kuppelpfeiler lassen sich aus den Maßangaben an anderen Stellen ergänzen7 – womit angenommen werden kann, dass der Zeichner die entsprechenden anderen Darstellungen schon abgeschlossen oder aber zumindest geplant hatte. Damit ergäbe sich – im Widerspruch zur oben vorgeschlagenen Datierung – ein Anhaltspunkt für eine relativ späte Datierung dieser Zeichnung innerhalb der St.-Peter-Gruppe des Codex Destailleur D. Auflösen ließe sich das Problem durch die Annahme, dass der Zeichner zum oben vermuteten Zeitpunkt der Anfertigung des vorliegenden Blattes kurz nach 1538 weitere Vermessungen geplant, diese dann aber entweder nicht mehr ausgeführt hat oder aber die Blätter verloren gegangen sind: Zumindest wurden sie durch die späteren Darstellungen zum eigentlichen Modellprojekt ersetzt, da diese zusammen mit dem vorliegenden Blatt sich zur weitgehend vollständigen Wiedergabe des Projektes ergänzen.8

Aus der häufiger zu machenden Beobachtung, dass eine redundante Verdopplung der Angaben zwischen verschiedenen Zeichnungen vom Anonymus anscheinend vermieden wird, dürfte der Schluss abzuleiten sein, dass dieser hier nicht für einen Auftraggeber arbeitete, der den Bau bzw. das Projekt selbst nicht gut genug gekannt haben dürfte – anderenfalls hätte sich eine Wiederholung zumindest der grundlegenden Werte aus Gründen der Lesbarkeit der Einzelzeichnungen angeboten –, sondern für sich selbst oder für mit dem Projekt bestens vertraute Personen.

 

 





einige Maßangaben zum Kuppelpfeiler palmi oncie Anmerkung








Breite eines abgeknickten Pilasters der großen Ordnung 8 [—]




lichte Weite der großen Kuppelpfeilernische 23 5




Breite der Kuppelpfeilerrückwand 81 [—]




Breite eines Pilasters der Kämpferordnung im Durchgang 10 2 oncie als ø




Breite eines der zurückgesetzten Pilaster daneben 3 5




Abstand zwischen diesem Pilaster und der Ädikulensäule 2 1 oncie als ø




Abstand der Säule zur Ädikulennische (links der Nische) 2 4 oncie als ø




lichte Weite der Nische 23 9 oncie als ø




Abstand der Säule zur Ädikulennische (rechts der Nische) 2 3 oncie als ø




Abstand zwischen Konter- und Kuppelpfeiler (Pilasterfronten) 59 2




77.1.1.2 Konterpfeiler

POSITION: am Mittelfalz des Blattes, mittig
Kommentar: Der Abstand zwischen Kuppel- und Konterpfeilern ist – verglichen mit anderen Bereichen der Zeichnung – nicht annähernd maßstabsgerecht, sondern reduziert wiedergegeben, was sicherlich seine Ursache im Bemühen des Zeichners hat, Platz zu sparen. Der Abstand zwischen Kuppel- und Konterpfeiler wird mit „p 59 – o 2“ angegeben. Gerade weil sich an der entsprechenden Partie des Kuppelpfeilers keine Angabe findet, fällt am Konterpfeiler besonders auf, dass der Zeichner an jedem Pilaster der großen Innenordnung für dessen Schaftbreite den gleichen Wert von „ p 12 – o 2“ notiert, vermutlich um zu verdeutlichen, dass vor allem die direkt nebeneinander liegenden Pilaster vor der Apsis trotz ihrer Verkröpfung und scheinbaren Überschneidung keine geringere Breite als die anderen Pilaster aufweisen.

Die lichte Weite des Eingangs zum Umgang ist mit „p 23 – o 7“ um zwei oncie geringer angegeben als die der gegenüberliegenden flachen Rechtecknische der Ädikula („p 23 – o 9“), obwohl man hier eigentlich aus Symmetriegründen ebenso gleiche Werte erwarten sollte, wie sie das Fehlen einander entsprechender Werte an den sich hier gegenüberliegenden Partien der beiden Pfeiler vermuten lässt. Die Notierung lediglich des abweichenden Wertes spricht wiederum für die Arbeitsökonomie des Zeichners.

Die Seitenwände des Eingangs in den Umgang sind in drei sehr flache Rechtecknischen bzw. Wandfelder gegliedert. Für Breite und Tiefe der Vertiefungen werden selbst jedoch keine Maße gegeben, vermutlich weniger, weil diese sich schon auf dem Recto von Bl. 92 finden,9 das nach der vorgeschlagenen Datierung ohnehin viel später entstanden sein dürfte, sondern eher, weil diese Wandgestaltung des Durchgangs anscheinend noch auf die Raffael-Zeit zurück geht, es also noch nicht sicher gewesen sein muss, ob sie in dieser Form erhalten bleiben würde. Die hier gezeigte Form der Wandgestaltung tritt am Modell selbst in einer geringfügig aber deutlich abweichenden Form nur im Südarm auf, während alle anderen Durchgänge eine weitaus einfachere Wandgestaltung mit nur einer Flachnische aufweisen. Im Modellprojekt sind – wie auch die Darstellung auf Bl. 92r zeigt– die drei Nischen in ein gemeinsames, rechteckiges Wandfeld eingebettet, das in der hier gezeigten Version noch fehlt. Die Abweichung des einzigen hier angegebenen Maßes für die Gesamtbreite der Eingangswand sowie das Fehlen jeglicher Hinweise auf eine detailliertere Binnengliederung der Seitenwände sprechen dafür, in der Zeichnung [92.1.3] die Wiedergabe einer späteren, detailliert ausgearbeiteten Version zu sehen, für die im vorliegenden Blatt nur eine erste Idee bzw. der historische Vorläufer skizziert ist: In [92.1.3] ist dabei nicht nur die Binnengliederung aufs Genaueste wiedergegeben, sondern die Gesamtlänge der Eingangswand ist mit „p 49 1/3“ sogar um mehr als 2 palmi größer als der hier angegebene Wert von „p 37 1/2“, zu dem die Schaftbreiten der begrenzenden Pilaster mit jeweils 5 palmi zu addieren sind. Dieser – wenn auch geringfügigen – Verlängerung entspricht bautechnisch eine Vertiefung des Konterpfeilers in der Richtung der größten Schubkraft seitens der Kuppel, sie dürfte sich daher möglicherweise auf eine tatsächlich von Sangallo selbst aus Stabilitätsgründen vorgenommene Änderung zurückführen lassen und nicht bloß auf ein Versehen des Zeichners.

Die dem Nebenarm zugewandte ‘Außenseite’ des Konterpfeilers zeigt die hier zu erwartende, zu den Kuppelpfeilerflanken identische Ädikulengliederung. Allerdings ist diese hier soweit – vollkommen axialsymmetrisch bzw. spiegelbildlich – wiederholt, dass innerhalb der Zeichnung der oben erwähnte Konflikt mit der Außenwand des Umgangs aufträte, wenn diese wie hier wiedergegeben fortgesetzt würde: Die möglicherweise nur aus Platzgründen gestauchte Wiedergabe dieses Bereichs auf dem Recto von Bl. 82r kann nicht ohne Weiteres für die Beurteilung der Gestaltung dieses Wandbereichs allein herangezogen werden10. Aus Symmetriegründen scheint jedoch die Annahme einer identischen Wiederholung der Ädikula – auf einer eventuell schmaleren Wandfläche – berechtigt.

 

 




Maßangaben zum Konterpfeiler palmi oncie






Breite der Pilaster der Hauptordnung 12 2



Abstand zwischen den Pilastern 14 7



lichte Weite des Durchgangs 23 7



Breite der Eingangsfront 78 [—]



Breite des Wandfelds im Durchgang 37 1/2



Breite der Kämpferpilaster im Durchgang 5 [—]



Abstand 12-palmi-Pilaster / Kämpferpilaster 3 11



Breite der abgeschrägten Ecke zum Nebenarm 2 7



Tiefe der Kämpferpilaster vor der Abschrägung 1 [—]



77.1.1.3 Umgang

POSITION: am rechten Blattrand

Kommentar: Die mehrfach gestuften Wandvorsprünge mit Doppelpilastern an der Stirnwand des Umgangs scheinen nicht nur mit denen am Modell selbst nicht übereinzustimmen, sondern die gesamte Gliederung weicht auch deutlich von derjenigen auf Bl. 83r ab.11

Im Inneren des Umgangs fällt vor allem das weite Vorspringen der Wandpfeiler sowohl der Außen- als auch der Innenmauer in den Umgangsraum hinein auf, das statisch sicherlich günstig ist, am Modell aber – wohl vor allem aus ästhetischen Gründen – korrigiert worden zu sein scheint. Leider fehlen gerade hier Maßangaben, und eine Übernahme der Maße von der Stirnseite des Umgangs – an der Rückseite der Konterpfeiler – ist nicht möglich, da dort eine deutlich anders geartete Abstufung stattfindet. So liegt der Verdacht nahe, dass diese starke Tiefenstaffelung der Unmaßstäblichkeit der Darstellung geschuldet ist, jedoch nicht einen tatsächlich vorzufindenden Zustand darstellte.

Weniger leicht zu erklären ist der Umstand, dass der Zeichner für die Breite der Pilaster zwischen den Halbrund- und Rechtecknischen in der Außenwand „p 4 – o 11“ angibt, für die ihnen gegenüber liegenden Pilaster an der Innenwand dagegen „p 5“, obwohl hier nicht nur mit einer Verringerung der Breite aufgrund der radialen Ausrichtung zu rechnen ist, sondern der Zeichner selbst diese auch so darstellt! Hierbei könnte es sich um nicht miteinander harmonierende Ergebnisse unterschiedlichern Planungs- bzw. Bauphasen handeln, die es im Zuge der Fußbodenanhebung und der Neugestaltung der Umgänge zu regulieren galt.

In der ersten Rechtecknische der Umgangsaußenwand zeigt der Zeichner deutlich, dass ihre Seitenwände radial auf das Zentrum des Umgangshalbrund ausgerichtet verlaufen, so dass die Nische an der Rückwand eine größere lichte Weite hat als an ihrer Öffnung. Der für diese Differenz angegebenen Unterschied von mehr als zwei palmi scheint relativ zu groß zu sein, die für eine rechnerische Überprüfung nach dem Strahlensatz notwendige Maßangabe für die Tiefe der Nische fehlt jedoch.

Die Schließung des Durchgangs durch die Außenwand im Scheitel des Umgangs scheint zum Zeitpunkt der Anlage dieser Zeichnung schon sicher zu sein – da sie mit der Anhebung des Fußbodenniveaus verbunden ist, wäre dies auch zu erwarten.

Dagegen ist aber die Abfolge der Nischengliederung in diesem Bereich auf der Innenseite deutlich von derjenigen am Modell verschieden: Während das Modell und auch die vom Zeichner selbst festgehaltene Planung der äußeren Umgangswand die gleichmäßige Wiederholung einer Dreiergruppe aus Halbrund-, Rechteck- und wieder Halbrundnische vorsieht, erscheinen im vorliegenden Grundriss drei Rechtecknischen, die gleich tief aber anscheinend nicht gleich breit angelegt sind, da die mittlere – sie ist in der Zeichnung nicht auf beiden Seiten begrenzt, aber aus Symmetriegründen erscheint die Annahme zwingend – breiter angelegt ist als die seitlich anschließende. Dies steht allerdings im Widerspruch zur Darstellung auf dem Verso dieses Blattes.12 Hierin könnte sowohl die Korrektur eines eigenen Fehlers durch den Zeichner als auch eine Planänderung gesehen werden, die im Zuge der Schließung der Apsisdurchgänge zwingend erschienen sein dürfte.

Ein Problem des in dieser Darstellung wiedergegebenen, offensichtlich frühen Planungsstandes stellen die Pilasterbündel seitlich der Umgangsscheitelnische dar: Im Gegensatz zu den anderen Elementen der Umgangsgliederung finden sie nämlich kein entsprechendes Gegenüber an der Innenwand, da diese durch den breiten Apsisdurchgang so weit geöffnet ist, dass für die Unterbringung ihnen symmetrisch gegenüber stehender, schmalerer Pilasterbündel kein Raum bleibt. Eine Lösung dafür bietet dagegen die weitgehende Schließung der Durchgänge mit Nischen, in die nur schmale Türöffnungen eingeschnitten sind, woraus sich indirekt ein Argument bzw. ein Indiz sowohl dafür ableiten ließe, dass die vorliegende Zeichnung eine frühere Phase festhält und deshalb vermutlich auch früher entstanden ist, als ebenso dafür, dass sie einen tatsächlichen bzw. aufgrund des Vorhandenen naheliegend erscheinenden (Planungs-) Zustand am Bau wieder gibt, der vermutlich erst durch Sangallos Anhebung des Bodenniveaus und die damit einhergehende Schließung des Ausgangs im Umgangsscheitel entstanden ist. — Erst dieses Problem enthält vielleicht den Schlüssel zum Verständnis der abgebrochenen Grundrissskizze auf dem Verso: Da diese an der entsprechenden Stelle der Dreiergruppe im Umgangsscheitel eine Halbrundnische sowie anscheinend eine Verbreiterung des Apsisdurchgangs zeigt, darf angenommen werden, dass es sich bei der Zeichnung nicht um eine nachträgliche, aber ebenfalls nicht zuende geführte Wiederholung des Recto handelt, sondern hier ein Versuch zur erneuten Systematisierung des gesamten Bereichs dokumentiert ist. Dem entspräche auch der eher flüchtige, jedenfalls weniger sorgfältige Charakter der Darstellung auf dem Verso, denn hier ging es nur um das Erproben der Wirksamkeit dieser neuen Lösungsvariante. Da auch sie nicht zu einem befriedigenden Ergebnis gelangen konnte – die Pilaster an der Außenwandseite des Umgangs finden noch immer kein entsprechendes Gegenüber und die dazugehörigen Gurtbögen müssten daher direkt über dem Durchgangsportal enden –, wurde die ganze Lösung letztlich radikaler umgestaltet, indem die Durchgänge zu schmalen Türen reduziert wurden, die sich im Hintergrund der Apsidennischen öffnen sollten.

 

 






Maßangaben zum Umgang palmi oncie ligne [?] Anmerkung










lichte Weite der Halbrundnische in der Außenwand 21 10 · · Bl. 83: „p 22 1/2





lichte Weite der Halbrundnische in der Innenwand 10 3 · ·





Breite eines Gurtbogenpilasters außen 4 11 [—] Bl. 83: „p 5





Breite des gegenüber liegenden Pilasters innen 5 [—] [—]





lichte Weite der Rechtecknische an der Rückwand 23 6 · ·





lichte Weite der Rechtecknische an der Öffnung 21 6 [—]





77.1.1.4 Apsis

POSITION: in der rechten unteren Ecke des Blattes

Kommentar: Im leider vollständig ohne Maße wiedergegebenen inneren Apisbereich sind die wohl größten Unterschiede zur letztlich am Modell realisierten Fassung der Planungen für den in dieser Zeichnung wiedergegebenen Teilbereich des Baues zu beobachten: Besonders fällt das Fehlen der später von den schon hier festgehaltenen Säulen – also Ädikulen – gerahmten Nischen auf. An ihrer Stelle erscheinen ein – möglicherweise nur aufgrund zeichnerischer Ungenauigkeit – schmaler, seitlich gerade begrenzter Durchgang zwischen Apsis und Umgang in den seitlichen Sektoren und eine breitere Öffnung im Apsisscheitel. Eine Schließung der Apsis gerade im – liturgisch sicher am ehesten zu verwendenden – Scheitel war hier nicht vorgesehen. Ihre Darstellung in Bl. 81r lässt sich daher wohl ohne Weiteres auf einen späteren Zeitpunkt datieren.13

Bemerkenswert an der Darstellung der Apsis erscheint jedoch, dass schon zu diesem Zeitpunkt offenbar vorgesehen war, die Ädikulennischen sich konkav der Wand anschmiegen zu lassen und damit ihren Archivolten jene zweifach gekrümmte Form zu geben, die zwar schon in der Tribuna der SS. Annunziata von Florenz bemängelt worden war,14 sich jedoch zuvor bereits in der Apsis von San Miniato al Monte fand.15

Der – vom Kuppelraum bzw. dem Mittelpunkt der Apsisrundung aus gesehen – linke Durchgang zwischen Apsis und Umgang ist an der Innenseite offenbar irrtümlich durch eine durchgehende Linie geschlossen. Dass diese Linie möglicherweise einen Niveauunterschied, d. h. eine Stufe bedeuten könnte, ist unwahrscheinlich, da die so dann getrennt zu denkenden Niveaus über den Umgangseingang letztlich miteinander verbunden sind, was nicht nur eine Abschrägung des Bodens zur Bewältigung des Übergangs erfordert hätte, sondern auch wenig praktikabel erscheint.

Der Durchgang selbst ist – wie oben schon erwähnt – ohne Nische direkt in die Wand zwischen den Ädikulasäulen eingeschnitten. Seine lichte Weite ist – obwohl Maßangaben fehlen – deutlich schmaler als die des zentralen Durchgangs im Apsisscheitel. Dieser nimmt die gesamte Breite der im Modell in die Ädikulen eingestellten Nische auf, die auch hier fehlt. Gleichzeitig weist dieser letztgenannte Durchgang aber innen wie außen keinerlei Rahmung auf und verbreitert sich nach außen, indem die Seitenwände radial auf das Zentrum der Apsis ausgerichtet sind: Nimmt man an, dass der Zeichner sich hier nur einen Kreuzarm notiert hat, da er mit der Symmetrie der anderen rechnen konnte, so stellt dieser Durchgang einen Widerspruch zu der geschlossenen Nische in der Westapsis von Bl. 81r dar, der sich nur durch einen Planungsunterschied im Rahmen einer entsprechenden relativen Chronologie auflösen lässt, die die vorliegende Zeichnung auf Bl. 77r ebenfalls vor derjenigen auf Bl. 81 einordnet. Damit ergeben sich bisher also eine Reihe von Indizien, die zumindest für eine Frühdatierung des vorliegenden Blattes innerhalb der St.-Peter-Gruppe des Codex Destailleur D sprechen und somit geeignet sind, die vorgeschlagene Datierung des Blattes auf ca. 1538 zumindest teilweise zu stützen.

77.1.1.5 Außenseite des Umgangs

POSITION: am rechten Blattrand unten

Kommentar: Die Gliederung der Außenseite des Umgangs scheint noch mit derjenigen Raffaels übereinzustimmen: Der Säulendurchmesser der großen Dorica des Erdgeschosses ist mit „p 7 – o 8 ·2·“ angegeben. Da Sangallo diese Ordnung im Zuge der Aufstockung der Umgänge aber geändert haben muss, wäre hier nochmals zu prüfen, inwieweit die hier wiedergegeben Struktur mit derjenigen, die Sangallo durch Raffael vorgegeben fand, tatsächlich übereinstimmt. Da der Zeichner sich besonders ausführlich die Maße der Ädikulen notierte, läge mit dieser Zeichnung – sofern sie wie vermutet eine Aufnahme des Istzustandes von ca. 1538 dokumentieren sollte – eine wichtige Quelle auch für Raffaels Planungen vor.

Die Nichtweiterführung des Außenumrisses hat ihre Ursache vermutlich in dem hier zu erwartenden Anschluss an den Hauptbaukörper. Bei der Wiedergabe der in der vorliegenden Zeichnung statt dessen gezeigten zusätzlichen Ädikulenhälfte dürfte es sich vermutlich eher nur um einen Fehler des Zeichners handeln: Nimmt man versuchsweise an, diese Ädikula wäre ernsthaft geplant oder gar ausgeführt worden, hätten sich in der Verbindung des Hauptbaus mit dem Umgang, der dann fast im rechten Winkel auf jenen treffen müsste, erhebliche Inkonsistenzen mit Rückwirkung auf den ganzen Bau ergeben, die so gravierend sind, dass eine ernsthafte Erwägung einer Weiterführung des Umgangs so weit, wie sie die hier angefangene Ädikula suggeriert, wohl ausgeschlossen werden kann, d. h. die Vermutung eines Irrtums seitens des Zeichners also die höhere Wahrscheinlichkeit beanspruchen können wird.

Der Detailreichtum der Maßangaben für die anderen Ädikulen in diesem Bereich stützt ebenfalls die oben geäußerte Vermutung, dass es sich hier eher um eine Bauaufnahme des Vorhandenen als um eine Planungswiedergabe handelt. Damit wäre diese Zeichnung nicht nur – wie oben erwähnt – eine wichtige Quelle für Raffaels Projekt, sondern auch ein Beleg für Sangallos Versuch, das Vorhandene weitestgehend zu bewahren und in die eigenen Planungen mit einzubeziehen. In diesem Sinne wäre auch der – sich als nicht ausreichend erweisende – Versuch auf dem Verso zu interpretieren, die Inkonsistenzen in der Umgangswandgliederung zu beheben, die sich im Umgangsbereich durch die Anhebung des Fußbodenniveaus und die damit einher gehende Schließung der Umgangsscheitel ergaben.

 

 

 





Maßangaben zur Außenseite des Umgangs palmi oncie ligne [?]








Durchmesser der Dorica-Säulen 7 8 · ·




Breite des Wandfeldes hinter den Säulen 1 7 · ·




Breite der Ädikulenpilaster 3 4 · ·




Abstand zwischen Pilaster und Nischenrahmen [—] 5




Breite des Nischenrahmens 2 3 · ·




Lichte Weite der Ädikulennische 10 7 · ·




Tiefe der Ädikulennische vom Sockelgesims 4 11




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