recto: St. Peter: Kreuzarm und Umgang: Schnitt

 Kreuzarm mit Umgang: Längsschnitt

 





linkes Teilblatt
rechtes Teilblatt




[Westarm]
[Apsis]
[Umgang]








 
[81.1.1.6]




[81.1.1.1] [81.1.3] [81.1.1.7]




[81.1.1.2] [81.1.4] [81.1.1.5] [81.1.1.8]




[81.1.1.9]




Vorbemerkung: Die Reinzeichnung gibt einen der Hauptkreuzarme im Schnitt entlang der Mittelachse mit anschließendem Umgang in anscheinend großer Genauigkeit wieder. Aufgrund der Symmetriebeziehungen im Bau ist die Darstellung nicht ohne Weiteres einem bestimmten Kreuzarm zuzuordnen; lediglich der Ostarm lässt sich natürlich ausschließen, da er keinen Umgang aufweist. Damit könnte es sich jeweils um die Westhälfte des Nordarms, die Südhälfte des Westarms oder die Osthälfte des Südarms handeln. Durch die Spiegelsymmetrie der Kreuzarme entlang ihrer Mittelachse sind jedoch auch die jeweils gegenüberliegenden Seiten durch die Darstellung erfasst.

Die Darstellung ist nicht konsequent maßstabsgerecht, obwohl dies auf den ersten Blick der Fall zu sein scheint. So ist z. B. die „p 8 5/6“ starke Umgangsdecke hier nur knapp 1 cm stark dargestellt.

Da das gesamte Doppelblatt von der Zeichnung eingenommen wird und diese sehr viele Details enthält, wird die Darstellung der besseren Übersichtlichkeit halber in Teilbereiche aufgeteilt und kommentiert.

 

81.1.1 Kreuzarm mit Umgang: Längsschnitt

POSITION: gesamtes Blatt
NUMERIERUNG / POSITION:
3“ / am unteren Blattrand, ungefähr mittig im 2. Teilblatt, 180°
4“ / am unteren Blattrand, nahe der linken Blattecke, 180°
TECHNIKnur in wenigen Details freihändige Feder in hellem Braun; Lineal, Zirkel; kaum Vorzeichnungen mit Bleistift (vor allem Konstruktionshilfslinien), einige Vorzeichnungen mit sehr wenig Tinte; Vorritzungen; Lavierungen mit brauner Tinte/Tusche
[Auch in dieser Zeichnung versucht der Zeichner, gekrümmte Flächen durch zunehmend dichtere Schraffuren wiederzugeben. Auch die Lavierung ist so ausgeführt, dass ihre Verdunkelung eine Verschattung und damit gegebenenfalls auch Krümmung wiedergibt.]
HAND: AD
BEISCHRIFTEN / POSITION:
p en · 5 · et 2/5“ / in der rechten Säule der im Aufriss wiedergegebenen Ädikula
6“ oder „d“ oder „9“ [?] / im links wiedergegebenen Pilasterschaft der Hauptordnung
Anmerkung: Eine ähnliche, möglicherweise mit Rötel geschriebene Marke findet sich auch auf dem am weitesten rechts wiedergegebenen Pilaster der Schnittzeichnung auf Bl. 80r. Allerdings ist durch die ungewöhnliche Form und die Lage nicht eindeutig zu entscheiden, ob es sich tatsächlich um einen handschriftlichen Eintrag oder eher um eine Verschmutzung handelt.
MASSANGABEN / GRUNDMASS: „p 7  7/12“ / „palmo del modello
MASSSTAB: ungefährer Gesamtmaßstab der Zeichnung: 1 : 90
 

 








Beispielwerte
palmi
mm Maßstab














Schaftbreite Hauptordnung 12 [—] = 29 1 : 92







Gebälkhöhe Hauptordnung 29 1/2 = 67 1 : 98







Gesamthöhe Hauptordnung 142 1/2 = 385 1 : 83







lichte Weite Nebenarm 62 [—] = 165 1 : 84







Scheitelhöhe Gurtbogen (Apsis) 199 1/2 = 525 1 : 85







 

81.1.1.1 Kreuzarm: Wölbungszone

POSITION: oberes Drittel des linken Teilblattes
Kommentar: Im Wölbungbereich des Kreuzarms fällt das Fehlen der Lichtöffnung über dem Durchgang zum Nebenkuppelraum auf. Möglicherweise ist dies ein Indiz dafür, dass dieser Bereich – und damit das Obergeschoss – zum Zeitpunkt der Anfertigung des vorliegenden Blattes noch nicht definiert war.2 Natürlich kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich hierbei nur um ein Versehen des Zeichners handelt. Sollte jedoch eine frühere Planstufe vorliegen, so ergäbe sich eine relative Datierung dieses Blattes vor den Bll. 92 und 93.

Ebenso fehlen die im Salamanca-Stich und in Bl. 93r erscheinenden kleinen Öffnungen über den äußeren, apsisnahen Gurtbögen. Die Scheitellinie des Tonnengewölbes hat im Bereich des Gurtbogens vor der Apsis zum Fußboden einen lichten Abstand von „p 199 1/2“. Für die Haupttonne kommen nochmals „p 2“ für die Höhe der Abstufung zwischen beiden Gewölbepartien hinzu. Ebenfalls um „p 2“ ist der Scheitelpunkt der Apsis gegenüber dem Gurtbogen in der entgegengesetzten Richtung eingezogen. Eine Maßangabe für den Kuppeltragbogen fehlt; dessen Höhe dürfte aber dem des Apsisbogens entsprechen.

Darüberhinaus gibt der Zeichner keine Hinweise auf eine Kassettierung des Tonnengewölbes, obwohl er sich zumindest die Mühe macht, die Wölbung durch nach oben leicht dichter werdende Schraffuren anzudeuten. Dies kann aber sicherlich kaum in dem Sinne interpretiert werden, dass zum Zeitpunkt der Ausführung der Zeichnung an eine Kassettierung (noch) nicht gedacht wurde, sondern lässt darauf schließen, dass sich der Zeichner hier auf andere – vermutlich die eigenen – Darstellungen zu den Kassetten verlassen konnte. Demnach wäre die Zeichnung vor den entsprechenden Blättern 92 und 93 zu datieren.

81.1.1.2 Kreuzarm: Wandzone

Große Innenordnung (12-palmi-Ordnung): Für die Pilaster der großen Innenordnung hat der Zeichner bei jedem der drei Pilaster am Konterpfeiler eigens angegeben, dass sie am Fuß eine Schaftbreite von „p 12“, am Kapitell dagegen nur von „p 11 5/6“ haben. Die Höhe der Schäfte (einschließlich Basis) ist mit „101 1/2“ palmi angegeben; die Höhe der Kapitelle mit „p 14 3/4“. Aus der Summe von 116 1/4 palmi ergibt sich für das Verhältnis von Breite zu Höhe ein Wert von lediglich 1 : 9,7. Im Vergleich mit den ‘klassischen’ Proportionen einer Korinthia von 1 : 10–12 erscheint dies wenig. Diese geringe Proportionierung, die sicher schon auf Bramante zurückgeht, erscheint umso bemerkenswerter, als dieser für die Dorica an der Außenseite des Chores wiederum eine extrem schmale und hohe Proportionierung gewählt hatte,3 die schon Sangallo in seinem Memoriale kritisiert hatte: „li pilastri di fuora che sono dorichi e sono piú di dodici testi e voglio essere sette“.4

 

 







Maßangaben zur 12-palmi-Ordnung
Bl. 81r
Bl. 91v












Schaftbreite der Pilaster an der Basis 12 [—]






Schaftbreite der Pilaster am Kapitell 11 5/6






Schafthöhe der Pilaster inkl. Basis 101 1/2






Höhe des Sockel mit Basis 7 2/3






Vorkragen des Sockels geg. dem Schaft 3 [—]






Gesamthöhe des Kapitells* 14 3/4






Breite des Kapitells am Schaft 11 5/6






Höhe des Architravs* 8 7/12 > 8 1/2






Höhe des Frieses* 9 1/2 = 9 1/2






Höhe des Kranzgesimses* 8 1/2 = 8 1/2






Vorkragen des Architravs geg. dem Fries 1 5/6 > 1 1/2






Vorkragen des Gesimses geg. dem Fries 8 1/2 < 9 [—]






Gesamthöhe der Ordnung (laut Zeichnung) 142 1/2






Gesamthöhe der Ordnung (rechnerisch*) 142 5/6






 

Einige geringfügige Unterschiede zwischen den verschiedenen Quellen lassen sich sicherlich als Messungenauigkeiten erklären (z. B. 7/12 palmi im Vergleich zu 1/2 palmo), wenn man annimmt, dass die Maße von verschiedenen Vermessungen der Hauptordnung stammen und die anscheinend in der Regel recht grobe Bauausführung unter Bramante berücksichtigt. Und auch die Abweichung zwischen der rechnerisch ermittelten Gesamthöhe der Ordnung und der vom Zeichner angegebenen wird man mit 1/3 palmo romano (= 7,5 cm oder ca. 0,2 %) als durchaus im Toleranzbereich damaliger Baupraxis ansehen dürfen.

Nebenarmeingang: Der Eingangsbogen zum Nebenarm ist zwar mit der Kämpferordnung und deren Hauptmaßen dargestellt, es fehlt aber auch hier – wie schon in Bl80r jeglicher Hinweis auf die Binnengestaltung des Nebenarms: Weder sind die Ädikulen in der Seitenansicht wiedergegeben, noch die hier eigentlich im Aufriss zu erwartende Innenseite der Nebeneingangswand mit Portal und Fenster.

Ein kleines, aber bemerkenswertes Detail ist der Abstand zwischen dem Scheitelpunkt der Archivolte des Bogens und dem Architrav der Hauptordnung: Beide berühren sich hier nicht, sondern es ist sogar explizit ein Abstand von einem Viertel-palmo angegeben. Der Archivoltenbogen selbst ist weder fasziert noch in irgend einer anderen Weise als profiliert dargestellt.

 

 




Maßangaben zur Kämpferordnung
palmi






lichte Weite des Nebeneingangs 62 [—]



Höhe des Pilasters inkl. Gesims 76 [—]



Höhe des Gesimses 6 [—]



Vorkragen des Kapitells gegenüber Archivolte 2 2/3



Breite der Archivolte 3 1/6



seitliche Breite der Pilasterschäfte 4 1/12



 

Die hier mit genau „p 6“ angegebene Höhe des Kämpfergesimses steht im Widerspruch zu der weiter rechts in der Zeichnung, im Apsisbereich angegebenen Höhe von „p 6 1/6“. Dort ist auch für das Gesims selbst zusätzlich das Maß „p 3 1/3“ angegeben. Diese Maße tauchen im Schnitt des Apsisscheitels wieder auf und werden dort noch durch die Wiederholung des Maßes für das Vorkragen des Gesimses gegenüber der Wand (um „p 2 2/3“) ergänzt. Die Differenz ist zwar sicherlich zu gering, um am ausgeführten Bau sichtbar zu sein, gerade deshalb aber ist ihre Notierung bemerkenswert.
Wandnischen: Wie schon in Bl. 80r sind hier nochmals die Nischen am Konterpfeiler vor den Doppelpilastern am Übergang vom Kreuzarm zur Apsis angegeben, während die des Kuppelpfeilers, der hier ohnehin nur angeschnitten ist, fehlen. Auch in der vorliegenden Darstellung bemüht sich der Zeichner, durch Schraffuren die halbrunde Form der Nischen wiederzugeben. Allerdings fehlen Maßangaben für die Tiefe, so dass man hier auf entsprechende Horizontalschnitte angewiesen wäre, die jedoch nicht vorliegen. Denkbar wäre aber auch, dass die lichte Weite der Nische als Durchmesser des halkreisförmigen Grundrisses zu nehmen und die Hälfte dieses Wertes also als Radius und damit Tiefe der Nische zu interpretieren ist. Diese wären dann 1/2 × „p 11“ = 5 1/2 palmi tief.

Auffällig ist außerdem das Fehlen jeglicher Hinweise auf eine Rahmung der Nischen mit einem Profil oder ähnlichem, obwohl sowohl ausreichend Platz hierfür gelassen ist als auch die Rahmen anderer Öffnungen im Apsisbereich dargestellt sind.

 

 




Maßangaben zu den kleinen Konterpfeilernischen
palmi






lichte Weite 11 [—]



lichte Höhe unten 28 [—]



lichte Höhe oben 29 2/3



Höhe der unteren Nische über dem Boden der Basilika 17 3/4



Abstand der oberen Nische zum Architrav 9 5/12



Alle Maße stimmen mit denen in Bl. 80r überein, wo sie an den Kuppelpfeilernischen erscheinen, d. h. für alle Wandnischen der Basilika gelten diese Werte.

81.1.1.3 Apsis: Wölbungszone

In der Wiedergabe des Apsisbereichs fällt zuerst auf, dass der Zeichner sich nicht bemüht, die Krümmung der Apsis orthogonalperspektivisch korrekt wiederzugeben, sondern die dreiteilige Segmentierung der Wand in zwei vereinfachte Projektionen umwandelt: Das seitliche, zwischen Kreuzarmwand und Apsisscheitel vermittelnde Segment wird frontal in die Blattebene abgerollt, während das Scheitelsegment ebenfalls als in sich nicht konkav, sondern flach im senkrechten Schnitt wiedergegeben ist. Dadurch suggeriert die Darstellung zumindest einen 6/8-artigen, tatsächlich aber sogar einen rechteckigen Abschluss. Da dies natürlich nie so geplant war, verlässt sich der Zeichner hier offensichtlich auf andere Zeichnungen, die denselben Bereich im Grundriss wiedergeben. Dies ist einmal mehr ein Indiz dafür, dass es dem Zeichner bei aller Genauigkeit in der Darstellung vor allem darauf ankam, möglichst viele Informationen über die Maße des Baus sowie die Formen einzelner Elemente festzuhalten, jedoch – zumindest in den vorliegenden Zeichnungen – kein möglichst realitätsnahes Abbild des Baus zu geben. Dieses ließe sich dann aber jederzeit aus den zusammengetragenen Informationen weitestgehend korrekt erstellen.

Apsiskalotte: Hauptmerkmal der anscheinend exakt ein Viertel einer Kugelschale bildenden Apsiskalotte sind die Thermenfenster, welche ohne einen auszeichnenden Schmuck (profilierten Rahmen o. ä.) lediglich als Einschnitt in ein flaches Wandfeld wiedergegeben werden, wobei – entsprechend dem oben zur Projektion Gesagten – nicht einmal deutlich wird, ob dieses Wandfeld als Schnittflläche einer Ebene mit der Kugelschale zu interpretieren ist oder aber dem Schalenverlauf der Kalotte folgen sollte. Aufgrund der Ausführung am Modell ist letzteres wahrscheinlicher und das Fehlen entsprechender Verkürzungen auf die oben schon beschriebene vereinfachte Projektionsmethode des Zeichners zurückzuführen. In der Darstellung ohne Rahmung unterscheiden sich die wiedergegebenen Fenster von ihrem Gegenstück in der Apsis des Ostarms auf Bl. 80r, wo eine zusätzliche Halbkreislinie eine Rahmung oder zumindest eine Eintiefung im umgebenden Wandfeld nahelegt.

Die Lichtschächte hinter den Thermenfenstern der Apsiskalotte haben in der vorliegenden Darstellung anscheinend einen äußerst ungewöhnlichen, gewölbten Boden, der zur Sichtseite zum Innenraum hin nochmals abgeschrägt ist. Im nebenstehenden Schnitt ist zwar eine Stufe erkennbar, es fehlt aber ein Hinweis auf einen gewölbten Boden oder eine zwischen dem Boden und der Vorderkante vermittelnde Abschrägung. Das Modell hilft in diesem Fall nicht weiter, weil dort aufgrund des fehlenden Daches die Thermenfenster einfach in die (dünnschalige) Kalotte eingeschnitten sind, während es keine Andeutung der Lichtschächte gibt. Trotzdem dürfte es sich bei dieser eigenartigen Formgebung, für die sich auch keine technische oder ästhetische Rechtfertigung erkennen lässt, um eine im Verlauf der Planungen nur kurzzeitig erwogenen Variante handeln – was wiederum für die Nähe des Zeichners zum aktuellen Planungsgeschehen spräche. Da die gesamte Innengestaltung des frontal sichtbaren Thermenfensters jedoch freihändig eingetragen ist, wird man dem mit exakten Maßangaben versehenen Schnitt in der Mittelachse des Kreuzarms mehr Glauben schenken dürfen. Dort ist auch ein Maß für die lichte Höhe des Fensters bzw. seines Scheitelpunktes über dem Hauptgesims angegeben.

Der Schnitt durch den Lichtschacht für das Apsiskalottenfenster zeigt außerdem eine interessante nachträgliche Änderung durch den Zeichner: Die ursprünglich durchgehende untere Begrenzungslinie des Lichtschachtes ist teilweise ebenso wie eine senkrecht verlaufende Wandlinie ausradiert und durch Abstandsmaße für die so entstehende Verbindung zum Umgangsobergeschoss überschrieben: Auf diese Weise sollte offensichtlich durch Öffnungen im Gewölbe des Umgangsobergeschosses zusätzliches Licht aus dem Umgang in die Apsiskalotte geführt werden, auch wenn die zu erwartende Lichtausbeute relativ gering gewesen sein dürfte.

Obere Wandzone mit Fensteröffnungen: Neben allen wesentlichen Maßen zu den dreibahnigen Fenster- bzw. Lichtschachtöffnungen in dem gezeigten Apsissegment versucht der Zeichner durch schräg gegeneinander versetzte Schraffuren die Neigung der aus dem Innenraum sichtbaren Wandflächen der Lichtschächte wiederzugeben. Allerdings gibt er hier dazu bemerkenswerter Weise keine Kanten der im Querschnitt rechteckigen Lichtschächte, wie er dies noch im Bl. 80r tat. Durch die Maßangaben wird besonders deutlich, dass es zwischen der Dreiteilung der Thermenfenster in der Apsiskalotte und den dreibahnigen Fenstern der oberen Wandzonen keine Korrespondenz gibt – ein ästhetisch sicherlich nicht sehr befriedigendern Zustand, den Letarouilly beispielsweise zu korrigieren versucht.5

81.1.1.4 Apsisädikula

Die seitliche, vom Kreuzarm aus gesehen linke (falls es sich um den westlichen Kreuzarm handeln sollte: südliche; im Falle des Südarms: östliche) Apsisädikula ist mit großer Genauigkeit, aber ohne orthogonalperspektivisch korrekte Verkürzungen wiedergegeben (s. o.). Auch hier handelt es sich (wie auf Bl. 80) um eine korinthische Ordnung mit Polsterfries und Dreiecksgiebel.

Säulenordnung: Ein sehr bemerkenswertes Detail weist die linke der beiden dargestellten Säulen auf: Sie zeigt eine Kapitellform, die man nicht nur als ‘reduziert’ z. B. im Sinne einer arbeitsersparenden Abkürzung durch den Zeichner interpretieren kann, sondern die eindeutig als ‘dorisch’ zu charakterisieren ist. Diese Form erscheint auch an der rechten Säule, wurde dort aber – offensichtlich nachträglich – durch skizzierte Akanthusblätter und Voluten ergänzt. Da auch die im Schnitt dargestellte Ädikula des Apsisscheitels klar diese ursprüngliche, ‘dorische’ Form des Kapitells aufweist, wird man sie kaum als einen Zufall oder verkürzte Version auffassen können, sondern es dürfte sich wohl um einen zumindest zeitweilig erwogenen Schritt in der Gestaltung der Ädikula selbst handeln, für den sich hiermit das einzige Zeugnis erhalten zu haben scheint.

Ein Problem dieser Interpretation stellt das ohne pentimenti dargestellte ionisch-korinthischen Gebälk mit Polsterfries dar. Drei Erklärungsmöglichkeiten scheinen sich anzubieten: Entweder kannte der Entwerfer der Ädikulenordnung sich mit den Regeln für die Verwendung und Gestaltung der Ordnungen nicht aus – was wohl wenig wahrscheinlich ist – oder diese ‘gemischte’ Form wurde tatsächlich kurzzeitig erwogen, was wiederum vor dem Hintergrund von Sangallos ansonsten eher nur geringfügigen Abweichungen gegenüber klassischen Vorbildern kaum denkbar erscheint. So lassen bspw. auch die Proportionen der Ordnung kaum eine Dorica zu: Höhe des Säulenschaftes „p 49 1/2
Höhe des Kapitells „p 4 2/3“ – also: 4,66 : 49,5 = 1 : 10,6.
Eine dritte Erklärung könnte in den auch durch Sangallo-Zeichnungen überlierferten Versuchen gesehen werden, die höheren Ordnungen aus den niedrigeren abzuleiten und auf diesem Wege zu einem einheitlichen System zu gelangen. Es erscheint allerdings nicht sehr sinnvoll, diese Herleitung ausgerechnet in einer Zeichnung anzudeuten, die einer tatsächlichen Bauaufgabe gewidmet ist. Daher kann dieser Erklärungsversuch wenig Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen.

Zumindest lässt sich aufgrund dieses Details die Darstellung der Ädikulen in Bl. 80r und damit sicherlich das gesamte Blatt, gegenüber der hier vorliegenden als später datieren.

Die Unsicherheiten bei der Gestaltung der Ordnung sind umso verwunderlicher, als zu einem so weit fortgeschrittenen Stadium der Planungen die identischen Ädikulen für die Schließung der 40-palmi-Nischen schon definiert gewesen sein müssen; immerhin bleibt die Möglichkeit, dass für die Apsiden ursprünglich aufgrund leicht abweichender Maßverhältnisse und Funktion eine andere Form der Ädikulen vorgesehen gewesen sein könnte.

Ein Hinweis auf den Wechsel von Segment- und Dreiecksgiebel über den Ädikulen der Apsis fehlt ebenso wie eine Andeutung des konkaven Krümmungsverlauf entlang der Wandfläche, was auf die erwähnte vereinfachende Projektions seitens des Zeichners zurückzuführen ist.

Bei der Angabe der Hauptmaße für Architrav und Giebel der Ädikula, für die sonst keine feineren Unterscheidungen angegeben sind, verlässt sich der Zeichner offensichtlich auf eine an anderer Stelle ausdefinierte Form, woraus ein Anhaltspunkt für eine relative Datierung zu gewinnen wäre. — Gegen die Annahme, Bl. 91v, das die genauen Maße der Ädikulen zeigt, wäre vor Bl. 81 zu datieren, spricht allerdings, dass die Maßangaben in Bl. 91v z. T. geringfügig abweichen: Hätte dieses Blatt also schon vorgelegen, wäre schwerlich zu erklären, warum der Zeichner in Bl. 81r von diesen detaillierteren Maßen abgewichen sein sollte. Daraus folgt, dass der Zeichner sich bei der Anlage dieses Blattes (Bl. 81r) vermutlich darauf verlassen konnte, die Ädikulen später an anderer Stelle noch ausführlicher aufnehmen zu können, woraufhin er dann jedoch die Maßangaben in Bl. 81r nicht mehr korrigiert oder sich wenigstens einen Hinweis auf die Änderung notiert hätte: Somit lässt sich für Bl. 91v nicht nur eine spätere Entstehung, sondern vor allem auch ein verbindlicherer Status im Planungsgeschehen annehmen.

Die Tiefenerstreckung der von der Ädikula gerahmten Nische ist freihändig, aber annähernd zentralperspektivisch wiedergegeben, wobei ihre (im Grundriss) nicht ganz halbrunde Form erkennbar wird: Für den Durchgang zum Umgang zeigen beide hier dargestellten Nischen eine Abflachung an der Rückwand, die so die Form der Halbrundnische beschneidet.

Aber ebenso wie in der entsprechenden Südnische des Eingangs auf Bl. 80r fehlt diesem Durchgang im Hintergrund der Nische jegliche Rahmung, nur die Sockelzone der Nische ist wieder als leicht vorspringend angegeben. Die überaus vielen, z. T. anscheinend sogar redundanten Maßangaben machen auch hier einen Flüchtigkeitsfehler des Zeichners unwahrscheinlich. Die Entasis der Säulen wird durch unterschiedliche Durchmesserangaben festgehalten, deren Höhe allerdings nicht genau bestimmt wird, obwohl diese Angabe auch in Bl. 91v zu fehlen scheint.

An der rechten Säule fällt eine Eintragung auf, die möglicherweise von fremder Hand stammt: Gegenüber der Horizontalen um 90° nach links gedreht steht dort „p en ·5· et 2/5“, wobei das „p“ den sehr auffälligen waagerechten Unterstrich hat, der aus dem Abstrich durch eine Schleife abgeleitet ist. Da der Schaftdurchmesser der Säule unten mit „p 5“, oben mit „p 4 1/6“ angegeben ist, könnte mit diesem Wert ein Maß für die Entasis gemeint sein, wofür zudem das Kürzel „en“ in der Angabe spräche. Diese Interpretation wird jedoch in Frage gestellt durch die Maßangabe für die Entasis, die sich ungefähr in der Höhe von zwei Fünfteln des Säulenschaftes findet: „p 5 1/4

 

 







Maßangaben zu den Apsis-Ädikulen
palmi
Bl. 91v












Schaftdurchmesser am Kapitell 4 1/6 k. A.






Schaftdurchmesser bei ca. 2/5 der Höhe 5 1/4






(möglicher zusätzlicher Wert der Entasis) 5 2/5






Schaftdurchmesser an der Basis 5 [—]






Tiefe des Säulenschaftes vor der Rückwand 2 [—]






Höhe des Architravs 3 1/4 > 3 1/6






Abstand des Architravs zur Rückwand 5 1/4






Höhe des Frieses 3 [—] = 3 [—]






unterer Abstand des Frieses zur Rückwand 4 1/2






mittlerer Abstand des Frieses zur Rückwand 4 5/6






oberer Abstand des Frieses zur Rückwand 4 5/12






Höhe des Gesimses 3 1/3 = 3 1/3






größter Abstand des Gesimses zur Rückwand 7 5/12






Gesamthöhe des Gebälks 9 7/12 > 9 1/2






innere Höhe des Giebelfeldes 4 2/3 = 4 2/3






Abstand des Giebelfeldes zur Rückwand 4 1/6






Höhe des Giebels über dem Gesims 9 [—]






Abstand des Giebels zur Rückwand 8 1/3






größte Breite des Gebälks am Gesims 37 1/3






Höhe der Basis mit Plinthe 3 1/2 < 3 2/3






Höhe von Basis und Sockel 7 [—] < 7 2/3






Höhe des Säulenschaftes 49 1/2






Höhe des Kapitells 4 2/3 < 4 5/6






 

Der Vergleich mit den Maßangaben in Bl. 91v ergibt also keine vollständige Übereinstimmung, was als Hinweis darauf gedeutet werden kann, dass die letztere, detailreichere Darstellung später entstand als die nur die wichtigsten Maße vorgebende Teilzeichnung des vorliegenden Blattes.

Im Vergleich zur nebenstehenden Schnittdarstellung der zentralen Apsisädikula fallen deutliche Niveauunterschiede zwischen beiden auf: So erscheinen der Giebelbereich der Scheitelädikula und das durchlaufende Kämpfergesims deutlich niedriger als in der seitlichen Ädikula, obwohl für die lichte Höhe der Nische in beiden Fällen ein Wert von „p 48 3/4“ angegeben ist.

 

81.1.1.5 Apsisscheitelnische

Das zweifellos auffälligste Element dieser Schnittdarstellung ist das Fehlen eines Durchgangs zum Umgang, der nebenstehend in der Frontalansicht der seitlichen Ädikula wiedergegeben ist. Auch auf der gegenüberliegenden Seite der Wand, der Innenwand des Umgangs, findet sich kein Hinweis auf einen vorgesehenen Durchgang. Aufgrund der sauberen Ausführung der Zeichnung und der vielen Maßangaben ist hier ein Irrtum des Zeichners sicherlich auszuschließen: Es erscheint also durchaus denkbar, dass aus Gründen der unterschiedlichen Nutzung der Nischen eine Schließung der Apsisnische erwogen wurde, da dieser herausgehobene Punkt z. B. in der Westapsis zur Nutzung für einen (Marien-) Altar bestens geeignet wäre. Möglicherweise wurde jedoch zugunsten einer Einheitlichkeit in der Gestaltung die Planung bis zur Fertigstellung des Modells in diesem Detail wieder geändert: ein Faktum, dass der Zeichner sicher nicht unbeachtet gelassen hätte, wenn es ihm bekannt gewesen wäre. So ist die hier vorliegende Darstellung ein starkes Argument für die Annahme einer Abwesenheit des Zeichners vor der Fertigstellung des Modells und den damit einhergehenden letzten Planungsschritten. Da die rückseitige Öffnung der Nischen allerdings relativ klein bleiben sollte, wäre eine zeitweilige Schließung jederzeit möglich gewesen, zumal eine Verbindung zwischen Kreuzarm und Umgang an dieser Stelle nicht zwingend erforderlich scheint. Wenn es in dieser Nische keinen Durchgang geben sollte, entfällt zudem eigentlich auch jede Notwendigkeit zur Abflachung der Rückseite, wie sie hier jedoch in Übereinstimmung mit der nebenstehenden Nische dargestellt ist. Die Wandstärke erlaubte jedenfalls eine vollständig halbrunde Nischenform.

Die Ordnung der Ädikula wird genau im Vertikalschnitt wiedergegeben; eine dem Wandverlauf konkav folgende Krümmung (wie z. B. im Salamanca-Stich) dagegen nicht. Die Vielzahl der Maße, besonders im Bereich des Gebälks, lassen auch hier einen Flüchtigkeitsfehler unwahrscheinlich erscheinen. Mit Blick auf die anderen, ungekrümmt wiedergegebenen Apsisnischen und der Kritik an der Form konkav sich der Wand anschmiegender (Nischen-) Archivolten durch Sangallo selbst kann also durchaus angenommen werden, dass hier z. T. ein Planungszustand wiedergegeben ist, der abgeflachte Wandflächen innerhalb der Ädikulen vor der gekrümmten Wand im Apsisbereich vorsah und somit vor einer Änderung lag, die dann vom Modell und den Salamanca-Stichen verwirklicht wird. Allerdings hat der Zeichner dann auch diese, vermutlich spätere Änderung nicht festgehalten. Diesem Erscheinungsbild einer ebenen Nischenarchitektur vor gekrümmter Apsiswand entspricht auch die Angabe der Maße für das Vorkragen der Ordnungsglieder gegenüber der Rückwand – offensichtlich in der Mittelachse. Auch in der vorliegenden Darstellung erscheint das Kapitell der Ädikula zuerst als dorisch mit einer die Rundung sogar noch bekräftigenden Schraffur und wird erst nachträglich durch nur leicht skizzierte Blätter ‘korinthisiert’.

Bemerkenswert ist weiterhin das am oberen Ende des Säulenschaftes angegebene Maß für den Abstand zwischen der Vorderseite des Schaftes und der Rückwand, denn mit „p 4 1/6“ ist es genau so groß wie der in der nebenstehenden Ädikula angegebene Durchmesser des Säulenschaftes an derselben Stelle: Wenn es sich also nicht um einen Irrtum des Zeichners handeln sollte, wären die Säulen nur im unteren Bereich mit der Wand verbunden, am oberen Ende jedoch praktische losgelöst – eine zumindest eigenartige Lösung, für die es wohl kaum Vergleichsbeispiele (vor dem Barock) gibt.

Das Kämpfergesims wird im Grunde der Nische nicht im Schnitt gezeigt, wie dies nach der Darstellung der nebenstehenden Nische zu erwarten wäre, während die durch den Schnitt sichtbare Abstufung des Sockelbereichs zumindest angedeutet, wenn auch nicht durch Maßangaben definiert ist.

 

81.1.1.6 Umgang: Dachzone

Der Dachbereich, soweit aufgrund der Begrenzung der Zeichnung durch den oberen Blattrand erkennbar, ist mit relativ großer Genauigkeit wiedergegeben; allerdings fällt auf, dass Maßangaben für die freihändig skizzierte Dachgaube über dem Lichtschacht, der die Thermenfenster in der Apsiskalotte mit Licht versorgen sollte, fehlen. Bei der nur mit freier Hand angegebenen Dachgaube fällt auf, dass sie nicht über die Öffnung des Lichtschachtes reicht, so also ihre schützenden Funktion gar nicht vollständig erfüllen kann. Dies ist in der Schnittskizze auf dem Verso korrigiert und legt somit die Vermutung nahe, dass diese Zeichnung vor dem Dachgrundriss auf Bl. 85r entstand.

Auffällig ist weiterhin, dass die Dachschräge nicht direkt auf dem Kranzgesims ansetzt, sondern gegen dieses um „p 8 1/6“ zurückgesetzt ist und erst nach einer Stufe von „p 1 5/6“ beginnt. Eine Funktion für diese Absetzung ist nicht zu erkennen – es sei denn, man nimmt innerhalb des Gesimses Kanäle bzw. Leitungen zur Sammlung des Regenwassers an.

Durch die Maßangabe „p 20“ über der Apsiskalotte des Kreuzarms für den Abstand zwischen dieser und dem Dach wird deutlich, dass hier durch Beschneidung des Blattes ein erheblicher Streifen Papier verlorengegangen ist.

Über die innere Struktur des Daches sagt die Zeichnung – wie auch die anderen Zeichnungen dieser Gruppe – nichts aus, und zwar weder bezüglich des Modells noch hinsichtlich der tatsächlichen Bauausführung.

 

81.1.1.7 Umgang: Obergeschoss

Innen: Die Eingangswand des Obergeschossumgangs ist in die Ansichtsebene projiziert und annähernd orthogonalperspektivisch wiedergegeben, wobei sie im Unterschied zum Modell – dort ist nur eine flache Wand mit durchlaufendem Gesims wiedergegeben –, durch zwei übereinander angeordnete Nischen bzw. Wandöffnungen gegliedert ist, von denen die obere das Kämpfergesims durchstößt. Aus der vorliegenden Darstellung ist nicht eindeutig zu entnehmen, ob es sich bei diesen Nischen – wie im Untergeschoss durch die dort fehlende Lavierung deutlich wird –, zumindest im Falle der unteren um die Öffnung zu einem Durchgang handeln soll, die hier nach dem Obergeschoss-Grundriss von Bl. 77r zu erwarten wäre. Durch leicht gekrümmte Schraffen deutet der Zeichner, dass diese Nischen oder Öffnungen selbst im Scheitelpunkt einer halbrunden Nische liegen, die von der Umgangsabschlusswand bogenförmig überfangen wird. Diese Andeutung einer Krümmung der Scheitelwandfläche auch durch bogenförmige Linien am Fußboden und deren Unterbrechung im mittleren Öffnungsbereich lassen die Annahme einer Durchgangsöffnung an dieser Stelle durchaus zu. Das Modell zeigt an dieser Stelle (s. o.) eine gerade, öffnungslose Wandfläche, auf der lediglich das Kämpfergesims der Ordnung durchläuft. Auch die im Modell aus den Ecken hervortretenden Pilaster, die einen abschließenden Gurtbogen tragen, lassen darauf schließen, dass hier eine Veränderung der Planungen zugunsten einer Vereinfachung stattgefunden hat.

Auffällig ist weiterhin, dass die inneren Linien der gestuften Wandgestaltung bis auf das durchlaufenden Kämpfergesims selbst alle freihändig gezogen sind. Dies könnte auf eine nicht vollständig abgeschlossene Planung hindeuten.

Die – wenn auch geringfügigen – Unterschiede zu Bl. 83r deuten darauf hin, dass zwischen beiden Darstellungen ebenfalls Veränderungen in der Gestaltung dieses Bereichs vorgenommen wurden: So ist hier der Niveau-Unterschied vom Eingang zum Umgangsfußboden mit „p 3“ angegeben, während er in Bl. 83r sogar „p 4 1/2“ beträgt. – Dies könnte deutlich für eine spätere Datierung von Bl. 83r sprechen.

Auch in der vorliegenden Darstellung findet sich ein Unterschied in der Höhe der in das Gewölbe des Umgangs einschneidenden Stichkappen für die inneren und äußeren Öffnungen: Nur sind diese hier innen höher als außen. Da für die lichte Höhe der inneren Öffnungen aber kein Maß angegeben ist, kann es sich hierbei auch lediglich um eine Ungenauigkeit des Zeichners handeln. Innen gehen diese Öffnungen in den Lichtschächten auf, die die Fenster in der Apsiskalotte von den Dachgauben her bedienen, was am Modell nicht zu vergleichen ist, da das Dach dort vollständig fehlt.

Wie im Salamanca-Stich fällt auch hier auf, dass die Öffnungen der Lichtschächte zur Apsiskalotte den Boden des Umgangs mit erfassen und dort anscheinend keine Begrenzungen z. B. in Form von Balustraden vorgesehen sind. Mit diesen ‘Fallgruben’ wären die Umgänge aber praktisch unbenutzbar. Zumindest stellt dieses Detail dann ein (weiteres) Unterscheidungskriterium zum Obergeschossgrundriss in Bl. 78 dar und ließe damit eine entsprechende relative Datierung von Bl. 81 nach Bl. 78 zu, denn die Vergrößerung der Lichtschächte deutet auf eine beabsichtigte höhere Lichtausbeute im Apsidenbereich hin.

Die Gesamthöhe des Umgangs beträgt „p 56“ – in Bl. 91r sind es dagegen „p 57“. Daneben ist aber noch ein weiteres Maß von „p 61“ angegegeben, dessen Maßlinie auf der Sockeloberkante der Eingangswand – also „p 3“ höher – ansetzt, dann aber in einem offenbar ausgestrichenen Punkt über dem Scheitel des Bogens endet. Der Sinn dieser Angabe, die selbst ja nicht ausgestrichen ist, wird nicht klar; vermutlich handelt es sich jedoch um eine obsolete Angabe zur lichten Höhe des Umgangs.

Zu erwähnen wäre noch, dass der Zeichner sich auch hier wiederum bemüht, durch unterschiedliche Schraffuren die Gestalt der angeschnittenen Flächen und Öffnungen wiederzugeben: Die Stichbogenöffnungen und die Bogenöffnungen in der Außenwand werden durch die jeweils nach oben dichter werdende Schraffuren eindeutig als gekrümmte Flächen dargestellt.
Außen: Die Ionica außen am Umgang ist am Kapitell seltsamerweise als halbe Vorderansicht gegeben, obwohl man erwarten sollte, dass sie die Volutenseite des Kapitells zeigt. Am Modell ist das Kapitell in allen Fällen tatsächlich korrekt angeordet und zeigt mit den Volutenschnecken nach außen. — Die Annahme, hier sei vielleicht die Absicht dokumentiert, ein ionisches Eckkapitell nach dem Vorbild des Portunus-Tempels am Forum Boarium anzubringen, lässt sich also wohl ausschließen.

Die linke der beiden kleinen freihändigen Skizze neben dem Kapitell am rechten Blattrand trägt dieser ungewöhnlichen (eigentlich: falschen) Darstellung Rechnung, indem sie anscheinend die Maße für das Vorkragen des Eierstabs und seine Höhe enthält, die sich an dem in der Hauptzeichnung wiedergegebenen Kapitell aufgrund der gewählten Darstellung natürlich nicht antragen lassen. Die rechte dieser beiden Skizzen zeigt eine Vorderansicht des Kapitells und gibt dessen Breite bis zu den Außenseiten der Voluten mit „p 7“ an.

An der Fensteröffnung zum Umgang fällt auf, dass ihre untere Begrenzung auf der Innenseite im Umgang „p 7 7/12“ über dem Fußboden liegt, also fast 1,7 m! Auch an der Außenseite beträgt der Unterschied zur Oberseite des Gesimses mit „p 6 1/4“ noch deutlich mehr fast 1,4 m.

 

81.1.1.8 Umgang: Mezzaningeschoss

Am Mezzaningeschoss werden die sicherlich zur Aufstellung von Statuen vorgesehenen Blöcke einzeln durch Schraffierung hervorgehoben und mit Maßen versehen. In der Schraffierung des Lichtschachtes im Mezzanin scheint der Zeichner durch die Angabe einer oben dichter werdenden Kreuzschraffur eine Wölbung andeuten zu wollen, die hier zwar fehl am Platze zu sein scheint, aber ebenfalls am Modell so realisiert ist: Diese von außen – erst recht bei Verglasung der Fensteröffnungen – kaum sichtbare Lösung einer trotz rechteckiger Fensterrahmen gewölbten Lichtschachtdecke dürfte nicht nur statische Gründe haben, sondern löst gleichzeitig das Problem bei der Überschneidung der Schächte mit dem Gewölbe des Umgangs, indem bei der Durchdringung zweier ebener Halbkreise im rechten Winkel zueinander eine ästhetisch befriedigerendere Form entsteht, die dem üblichen Schema von Stichbogenkappen weitgehend entsprach, auch wenn es sich im vorliegenden Fall aufgrund der Umgangskrümmung selbst eigentlich um eine dreifache Überschneidung handelt.

 

 




Maßangaben zum Mezzaningeschoss
palmi






Vorkragen des Gesimses (gegenüber Ionica-Basis) 7 1/2



Höhe des Gesimses 4 1/2



Gesamthöhe des Mezzanins 40 [—]



Höhe der Blöcke auf dem Kranzgesims der Dorica 5 [—]



lichte Höhe der Lichtschachtöffnung (außen) 21 3/4



lichte Höhe der Lichtschaftöffnung (innen) 34 1/4



 

81.1.1.9 Umgang: Erdgeschoss

BEISCHRIFT / POSITION: „R“ [Verweisbuchstabe] / im Abschlussgesims der Attika des Innenraums
Innen: Im Hintergrund des durch die Lavierung als tief und relativ dunkel wiedergegebenen Schnittes durch den Umgang ist wiederum die Eingangswand gezeigt, die natürlich in einer korrekten Orthogonalprojektion hier nicht zu sehen sein dürfte: Sie wurde also 90° zum Betrachter hin gedreht und ‘vorverlegt’. Ihre Gliederung ist gut zu erkennen und mit Maßangaben versehen. Dabei fällt auf, dass eine Gestaltung des Attika- und des Wölbungsbereiches anscheinend nicht vorgesehen war, was auch durch das hier durchlaufende Kämpfergesims der Wölbung deutlich wird. Denn dieses zeigt an, dass diese Fläche nicht vielleicht zufällig leer geblieben ist, sondern eine Gestaltung z. B. in Form eines eingelassenen und gerahmten Wandfeldes tatsächlich nicht vorgesehen war. Dass ein solches am Modell erscheint, ist wohl das einzige Beispiel für eine am Modell gegenüber den Zeichnungen komplexere Gestaltung eines Bauteils.

Noch weit genauer als im Bereich des Kreuzarms ist eine Vielzahl von Maßen angegeben, die allerdings auch hier nur die großen Maße der einzelnen Ordnungen bzw. ihrer Glieder umfassen, diese selbst sollten also auf einer Detailzeichnung dargestellt sein. Als dieses ergänzende Blatt ist vermutlich trotz der z. T. abweichenden Details Bl. 83 anzusehen. Durch die unterschiedliche Intensität der Lavierung versucht der Zeichner den Lichteinfall anzudeuten, denn der den Fenstern der Attikazone zugeordnete Bereich ist deutlich heller gehalten. Neben der Lavierung könnte auch die Ausführung der Kapitellzone der Korinthia dafür sprechen, dass dieses Blatt weniger als Arbeitsgrundlage für das Modell oder den Bau gedacht war, sondern z. B. zu Demonstrationszwecken.

Auffällig ist, dass im Attikabereich über der Umgangsordnung auch auf der Innenseite, also der Außenseite der Kreuzarmapsis eine flache Nische angeordnet ist, die der Mündung des Lichtschachtes auf der Außenseite gegenüberliegt, aber nicht ganz dessen Höhe erreicht. Dieser Höhenunterschied dürfte im Modell und erst recht am ausgeführten Bau durchaus feststellbar gewesen sein. Es scheint, als sei diese Diskrepanz im Salamanca-Stich behoben, während die Schnittfläche des Modells (im Nordarm) selbst sogar noch einen größeren Unterschied aufzuweisen scheint. An dieser Stelle ist zudem die Wandstärke zwischen dem Umgang und dem schrägen Lichtschacht, der aus dem Obergeschoss des Umgangs in die Apsiskalotte führt, extrem gering, was sich aber auf die Unmaßstäblichkeit der Zeichnung und damit einen nur zeichnerisch bedingten Platzmangel zurückführen ließe.

Dasselbe gilt nicht für die Wandstärke zwischen der im Schnitt dargestellten großen Nische auf der Innenseite der Umgangsaußenwand und der Außenseite des Baues, die bis zur dort gegenüberliegenden Nische nur „p 4 1/3“ beträgt, während die Gesamtmauerstärke dieser Wand bei „p 19“ liegt: Hier verdeutlicht die geringe Wandstärke, bis zu welchem Maße die eigentliche Wand ausgehölt werden sollte – ein Vorgehen, das nur bei entsprechender Verteilung der Lasten und Schubkräfte auf das auch in der Gestaltung der Ordnungen sich widerspiegelnde Stützsystem möglich ist und daher durchaus als Indiz für Sangallos gelegentlich von der Nachwelt bestrittenes Streben nach einer Einheit von Form und Funktion gedeutet werden dürfte.

Die Nische im Umgangsscheitel selbst ist durch die leicht nach oben zunehmende Schraffierung in der üblichen Weise als gewölbt gekennzeichnet, hat aber – im Unterschied zu ihrem Gegenstück in der Apsis des Kreuzarms – keine Kalotte, sondern eine sich über die ganze Höhe der Nische erstreckende flache Rückwand. In ihr läuft das Kämpfergesims durch und ist auch korrekt im Schnitt wiedergegeben.

Am Abschlussgesims der Attika im Umgang findet sich oben rechts der Verweisbuchstabe „R“, ohne dass eine entsprechende Zeichnung auf dem Blatt erscheint.

 

 




Maßangaben zum Inneren des Umgangs
palmi






lichte Weite des Umgangs im Erdgeschoss 49



lichte Höhe des Umgangs 110



lichte Weite des Umgangs im Attikabereich 48 1/4



Höhe des Attikagesimses 3 1/4



Höhe der Attikazone inkl. Gesims 25 5/12






Korinthia



Vorkragen des Gesimses gegenüber der Wand 5 [—]



Vorkragen des Gesimses gegenüber dem Fries 4 [—]



Höhe des Gesimses 4 1/4



Höhe des Frieses 2 5/6



Höhe des Architravs 3 1/3



Gesamthöhe des Gebälks 10 1/4



Kapitellhöhe der Korinthia 5 [—]



Schaftbreite der Korinthia 5 [—]



Schaft, Basis und Sockel der Korinthia 46 1/3



Höhe der Basis 3 3/4



Höhe der Sockelzone 4 [—]






Nische in der Außenwand



lichte Höhe 48 3/4



Tiefe 10 7/12



Höhe bis Kämpfergesims 36 1/4



Höhe des Sockels 4 [—]



Höhe der Basiszone 3 3/4



Höhe der plinthenartiken Teilzone des Basenprofils 2 1/2






Durchgang durch den Konterpfeiler



lichte Weite 23 1/2



lichte Höhe 48 3/4



Breite des Archivoltenbogens 2 2/3



Breite der Kämpferpilaster 2 5/6



Höhe des Kämpferkapitells 3 1/4



Gesamthöhe der Kämpferordnung 36 1/4



Außen: Die Dorica auf der Außenseite des Umgangs erhebt sich auf einem Sockel, dessen Höhe mit insgesamt „p 5 1/6“ angegeben ist. Er schließt mit einem um 1 1/6 palmi vorkragendem Gesims ab. Hierbei dürfte es sich um jenen Sockel handeln, der auf den Heemskerck-Zeichnungen zu sehen ist.

Durch die Beschneidung des Blattes am unteren Rand ist nur noch zu erkennen, dass es dort zumindest eine Andeutung des unteren Profils dieses Sockels gegeben haben muss. Daneben hat der Zeichner freihändig ein „p 4“ hohes Profil einer attischen Basis mit Plinthe wiedergegeben, bei dem es sich um Basis und Plinthe der Dorica des Erdgeschosses handeln muss, da direkt daneben in der Hauptzeichnung an entsprechender Stelle dasselbe Maß erscheint. Die Skizze dient dazu, den horizontalen Abstand zwischen der Vorderkante der Plinthe und dem unteren Ansatz des Säulenschaftes festzuhalten („p 1 1/2“).

Die sorgfältige Schraffur der Dorica-Halbsäule lässt deren Gestalt plastisch hervortreten, während der Zeichner die Nische auf die ungleichmäßige Art schraffiert, mit der er sonst Wölbungen andeutet, obwohl es sich um eine flache Rechtecknische handelt.

Die komplizierte Abfolge der aufeinander geschichteten Gesimse und Profile der Nische und der Ädikula ist nur schematisch zur Notierung der Hauptmaße wiedergegeben, während der Zeichner das Gebälk der Dorica-Hauptordnung auffallend sorgfältig zeigt: So werden selbst die Gutae dieses Gebälks mit ihrem schrägen Schnitt wiedergegeben, allerdings ohne Maße. – Im Vergleich mit dem Kranzgesims am Obergeschoss fällt auf, dass die Gesimse von Dorica und Mezzanin sehr weit (jeweils über 6 palmi) vorkragen.

 

 

 




Maßangaben zur Außenseite des Umgangs (Erdgeschoss)
palmi






Dorica



Höhe des Gesimses 6 1/6



Vorkragen des Gesimses gegenüber dem Fries 6 11/12



Höhe des Frieses 8 3/4



Höhe des Architravs 5 [—]



Gesamthöhe des Gebälks (lt. Zeichnung) 19 1/2



Höhe des Kapitells 4 1/2



Höhe des Säulenschaftes 51 3/4



Höhe der Basis 4 [—]



Gesamthöhe der Dorica (lt. Zeichnung) 79 3/4






Gesamthöhe des Gebälks (rechnerisch) 19 11/12



Gesamthöhe der Dorica (rechnerisch) 80 2/3






Abstand des Schaftes vor der Wand (oben) 4 1/2



Abstand des Schaftes vor der Wand (unten) 5 1/6






Ädikula



Höhe des Giebels 5 [—]



Vorkragen des Giebels 5 1/3



Höhe des Gebälks 6 1/6



Höhe von Gebälk und Giebel zusammen 11 1/4



Höhe des Kapitells 3 1/2



Höhe des Säulenschaftes 26 1/6



Höhe der Basis k.A.



Höhe der Basis (= Nische + Rahmen - Schaftlänge) 1 5/6



Tiefe der Nische 3 1/4



Höhe der Nische 25 3/4



Höhe (= Breite) des Nischenrahmenprofils 2 1/4



Höhe des Sockels 8 1/6



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